10. November 2025

Holz ist nicht die Antwort auf alles

Minergie lud Ende Oktober ins Hotel Montana in Luzern. Eine Spezialistin und drei Spezialisten referierten vor 85 Gästen über die richtige Materialwahl im klimafreundlichen Bau.


holzartikel
Referierten in Luzern: (von links) Philippe Willareth, Remo Thalmann, Beat Kenel und Sabine von Stockar. Bild: Marcel Habegger

«Wie macht man eine Ökobilanzierung?», fragte Sabine von Stockar, Leiterin Bildung und Entwicklung bei Minergie, eingangs ihres Referats – und gab die Antwort gleich selbst: «Das hat nicht nur mit der Materialwahl zu tun, sondern auch mit der Materialmenge.» Die Treibhausgasemissionen in der Erstellung setzen sich aus der Menge an Material, dessen Treibhausgase sowie Lebensdauer zusammen. «Die Idee ein Haus zu 100 Prozent aus Holz zu erstellen, ist nicht immer die beste Wahl», so von Stockar. Die Materialwahl ist mit verschiedenen Anforderungen verstrickt – etwa mit den Treibhausgasen in Erstellung, dem Schallschutz oder dem Wärmeschutz, die wiederum verschiedene Herausforderungen bei der Materialwahl stellen. Minergie zeigt dabei den Weg und nicht das Ziel auf. Bei den Treibhausgasen in Erstellung bedeutet dies, dass Minergie einen Grenzwert definiert, nicht aber, wie dieser Grenzwert erreicht werden soll. Das gibt den Planenden Spielraum, wirft aber auch Fragen zur Erreichung des Grenzwerts auf. Sabine von Stockar verwies dabei in ihrem Referat auf eine Aussage von Architekt Thomas Hildebrand: «So viel Beton wie möglich, mit so wenig Holz wie möglich zu ersetzen.» «Dieser Satz suggeriert aber, dass lediglich Holz und Beton zur Verfügung stehen würden», so von Stockar weiter.

Der Beton ist nicht immer der Böse

Remo Thalmann, Ingenieur, ZPF Ingenieure AG, berücksichtigte bei seinem Referat neben Beton und Holz auch den Stahl. Er plädierte dafür, Materialien in Bezug auf ihre Eigenschaften zu vergleichen. «Wichtig ist, nicht Birnen mit Äpfeln zu vergleichen», so Thalmann. Er betonte auch: «Holz ist nicht Holz. Praktisch nicht bearbeitetes Holz ist nicht dasselbe wie ein veredeltes Laminatholz.» Die Anforderungen spielen bei der Wahl von Konstruktion und Material eine zentrale Rolle. Verschiedene Konstruktionen bei einem Projekt frühzeitig zu vergleichen, sei entscheidend. «Welche Anforderungen werden an die Statik oder den Brandschutz gestellt? Welche bautechnischen und ökonomischen Anforderungen werden gestellt? Wir müssen nachfragen, was die Bauherrschaft wirklich benötigt – und nicht, was sie gerne hätte», sagt Thalmann. Den besten Baustoff gibt es auch für ihn nicht.

Die Kundschaft gut beraten

Diesen besten Baustoff müsste es eigentlich für Beat Kenel von der Strüby Konzept AG geben. Der Leiter Engineering der Gesamtleistungsanbieterin mit Schwerpunkt Holz hat natürlich einen Favoriten, wenn es um die Materialwahl geht. Aber auch er setzt auf eine durchdachte und gesamtheitliche Planung. «Selbstverständlich können wir mit einer ökologischen Decke die Gesamtbilanz noch etwas zurechtbiegen, aber es braucht ein Zusammenspiel des ganzen Prozesses – vom Entwurf bis zur Konstruktion. Das Untergeschossvolumen zu minimieren ist fast der grösste Hebel», sagt er. «Da muss man die Kundschaft entsprechend beraten und aufzeigen, dass die Planung von zwei Parkplätzen pro Wohneinheit vielleicht nicht mehr zeitgemäss ist.» Für ihn gilt es neben der Entstehung, auch die Langlebigkeit und die Wiederverwendbarkeit zu bedenken. «Wir sagen zwar Holzbau ist per se rückbaubar aber so wie Holz heute verbaut wird, ist die Branche diesbezüglich noch nicht am Ziel», so Kenel. Bei Strüby ist man intensiv damit beschäftigt, bessere Lösungen zu finden, um verbautes Holz nach dem Rückbau wiederverwenden zu können.

Philippe Willareth, Leiter Fassaden und Leichtbau bei Lüchinger Meyer Partner, referierte über klimafreundliche Fassaden. «Das Ziel Netto-Null 2050 unterstützen wir, indem wir einerseits Material nicht verbauen und andererseits das richtige Material einsetzen – und die verglasten Flächen sehr gut passiv beschatten.», so Philippe Willareth. Obwohl Glas in Bezug auf die CO2-Emissionen nicht die besten Werte aufweist, sieht Willareth hier grosses Potenzial. «Zu viel Material verbauen, zu wenig Synergien nutzen und zu viele Wärmebrücken – das ist nicht die Zukunft », sagt Willareth.

Das Fazit der Veranstaltung: Das beste Baumaterial gibt es nicht. Das Spannungsfeld zwischen Architektur, gewählten Konstruktionen und zu erfüllenden Anforderungen schafft ein komplexes Regelwerk für die Planenden bezüglich Materialwahl. Um Gebäude mit möglichst geringen CO2-Emissionen zu erstellen, gilt es für die Planenden über den Tellerrand zu schauen und sich frühzeitig mit anderen Beteiligten auszutauschen, um die optimale Lösung zu finden. Potenzial ist noch in vielen Bereichen vorhanden.