Realität versus ursprüngliche Berechnung: Energiebedarf von Gebäuden

Heutige Neubauten weisen einen sehr tiefen Energiebedarf auf. Es stellt sich die Frage, ob der reale Verbrauch den berechneten Werten entspricht oder ob es einen sogenannten Performance Gap gibt. Der «Energie Performance Gap» entspricht dem Unterschied zwischen berechnetem Bedarf und effektiv gemessenem Verbrauch und kann positiv (mehr Verbrauch) oder negativ (weniger Verbrauch) sein.

Wie gross ist der Performance Gap im Mittel? 

Studien zum Performance Gap weisen im Einzelfall Abweichungen im Wärmeverbrauch von Wohnbauten zwischen -45% und +45% aus. Im Mittel liegen die Abweichungen bei etwas über 10%. (White Paper EBP Schweiz, 2019)

Wenn Energieprognosen übertroffen werden

Bei Minergie-P und Minergie-A Gebäuden konnte in einer Studie (GAPxPLORE, BFE 2019) ein klar negativer Performance Gap nachgewiesen werden. Bei Minergie-P-Bauten ist der Energieverbrauch 12 resp. 18 % geringer als gerechnet (Neubau und Sanierung), bei Minergie-A 16% und 5.3%.

Relativitätsalarm: Genau hinsehen bei relativen Aussagen

Minergie-Gebäude sind in absoluten Werten sehr energieeffizient – selbst wenn sie in einer relativen Betrachtung manchmal einen Performance Gap aufweisen. Relative Aussagen bergen daher die Gefahr, dass in absoluten Werten immer noch sehr gute Gebäude als schlechter wahrgenommen werden als nicht sanierte Altbauten.

Den Wurzeln des Performance Gaps auf der Spur

Die Ursachen sind vielfältig. Das White Paper zum Performance Gap von EBP unterscheidet 4 Gründe: Den Verhaltens-Gap, den Technischen Gap, den Klima-Gap und den Modellierungs-Gap.

Welcher Faktor steht im Zentrum?

Gemäss den Studien ist die Hauptursache für den Mehrverbrauch von Energie in Mehrfamilienhäusern das Nutzerverhalten. Das heisst die Bewohnenden haben höhere Raumtemperaturen (rund 22.5 °C statt 20 °C gem. Norm), öffnen das Fenster in der Heizperiode öfters als erwartet oder nutzen den Sonnenschutz im Winter anders als vorgesehen. Aber auch der technische Gap (Fehler in der Planung, Bau und Betrieb der Technik, Abweichungen an der Gebäudehülle) führen oft zu einem Mehrverbrauch.

Wie lässt sich der Gap also verhindern? 

Grundsätzlich gibt es drei mögliche Handlungsfelder, um den Performance Gap zu minimieren. Erstens die Anpassung der Normwerte an die neuen Realitäten (Innenraumtemperaturen, Wohnflächenbedarf, Klimawandel etc.) – wobei damit an sich nichts gewonnen ist. Zweitens die Verhinderung und Optimierung von ineffizienter Gebäudetechnik. Drittens Verhaltensänderungen durch Information und Sensibilisierung. Minergie engagiert sich mit einer umfassenden QS (Technischer Gap) und Information an Betreibende sowie Nutzende (Verhaltens-Gap).